Monday, December 27, 2010

Ein Vorschlag zur Lösung der Euro-Schuldenkrise

Ziel unserer Idee ist, eine Perspektive für die hochverschuldeten Länder zu entwickeln, die gleichzeitig keinen Einstieg in die Transferunion bedeutet, den Euro-Kapitalmarkt weiterentwickelt, marktwirtschaftliche Prinzipien beachtet und eine Basis zur Ausarbeitung eines dauerhaften Schuldenmanagements bedeutet.

Kernpunkt der Idee ist, eine Entschuldung von überschuldeten Staaten ohne Insolvenz zu erreichen. Derzeit notieren griechische Anleihen beispielsweise je nach Laufzeit und Kupon zwischen 50% und 80% des Nominalwertes. Faktisch ist damit bereits ein „hair cut“ für die Anleger eingetreten. Würde Griechenland über die nötige Liquidität verfügen, könnte es seine Anleihen zu diesen Marktpreisen vom Markt nehmen. Für einen Einsatz von € 70,-- würde man Schulden von € 100,-- „abbauen“.

Griechenland verfügt aber nicht über diese Liquidität. Hier kommt der neue EFSF (European Financial Stability Fund) ins Spiel. Dieser, mit üppigen Garantien ausgestattete Fonds verfügt über diese Liquidität bzw. er kann sich diese durch die Begebung von „Euro-Bonds“ beschaffen. Statt aber wie geplant „nur“ die laufenden Defizite und Refinanzierungserfordernisse von (derzeit) Griechenland und Irland zu erfüllen, könnte eine zweite Funktion das gezielte Aufkaufen von „Problembonds“ zu Marktpreisen sein. Der EFSF würde quasi den Investoren, die sich von den Anleihen trennen wollen (oder befürchten es später tun zu müssen) eine Put-Option gewähren.

Der EFSF würde also in einem ersten Schritt Problem-Anleihen zu „Stresskursen“ erwerben. Doch anstatt diese zu halten, tauscht er diese gegen „frische“ Anleihen des Problemlandes. Ein Beispiel: eine Griechenland-Anleihe im Nominal von € 100,-- wird zu € 70,-- angekauft und an Griechenland weitergereicht. Im Gegenzug erhält der EFSF einen „neuen“ Griechen-Bond mit Nominal € 70,-- zum Kurs von 100%. Durch diesen Swap-Vorgang kann Griechenland seine Verschuldung um 30% reduzieren. Der „neue“ Griechen-Bond verbleibt zunächst in den Büchern des EFSF. Im Laufe der Zeit erfährt der Markt, dass sich die Verschuldung durch die freiwilligen „hair cuts“ ängstlicher Marktteilnehmer reduziert hat. Die Rating-Agenturen würden automatisch, dank sinkender Schulden (!), die Bonität wieder heraufsetzen. Idealerweise begleitet das Problemland diesen Vorgang durch eine solide Haushaltspolitik, wozu es durch den gewählten Mechanismus auch die Zeit bekäme. Solide Politik und fallende Schulden schaffen ein Klima, in dem der Markt die „neuen“ Bonds wieder nachfragt und der EFSF die Anleihen entsprechend am Markt platzieren kann.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Methode ist, dass die EZB nicht mehr gezwungen wäre Staatsanleihen zu kaufen und so in den Augen vieler Marktteilnehmer (und auch einiger Notenbanker) in den Verdacht der Monetarisierung von Staatsschulden zu kommen. Sie könnte sich weiterhin voll und ganz auf ihre eigentlichen geldpolitischen Aufgaben konzentrieren.

Der luxemburgische Präsident Juncker bekäme was er wünscht: den „Euro-Bond“, aber nicht als Instrument der regulären Staatsfinanzierung, sondern als Instrument des Schuldenmanagements in der Krise. Kanzlerin Merkel bliebe erspart, den deutschen die Mithaftung für die Schulden der anderen verkaufen zu müssen. Die stärkeren Nationen würden in erster Linie mittels Liquiditätshilfen einen „hair cut“ der Gläubiger ermöglichen.

Die Investoren bekämen Planungssicherheit, da die Konditionen des Puts institutionalisiert werden können (als dauerhafter Mechanismus). So kann abhängig von den Bedingungen des Puts und der Haushaltsführung eines Landes eine Risikoprämie ermittelt werden. Zinsunterschiede innerhalb der Eurozone wären damit zwar unumgänglich (und auch aus Gründen der Disziplin wünschenswert), diese wären aber direkt mit der Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder korreliert – und damit berechtigt! Aufschläge für mangelnde Liquidität und Planungsunsicherheit würden dagegen entfallen, so dass auch die Länder mit Finanzproblemen wahrscheinlich niedrigere Zinsen zahlen müssten als derzeit.

Ein Charme des Vorschlags ist darüber hinaus, dass es sich um einen „freiwilligen“ Forderungsverzicht handelt. Niemand wird gezwungen diesen anzunehmen. Der Put besteht bis zur Endfälligkeit, aber der einmal ermittelte Ausübungspreis ist konstant.

Wie könnten die Konditionen festgelegt werden? Beispielsweise dadurch, dass zuerst eine Benchmark-Zinsstrukturkurve festgelegt wird, die von den besten Bonds gebildet wird (derzeit Bundesanleihen). Darauf wird eine konstante Risikoprämie von z.B. 10% p.a., gerechnet auf die ursprüngliche Laufzeit, aufgeschlagen. Anhand dieser neuen EFSF-Put-Zinskurve kann nun für jeden Bond eines Euro-Staates ein Ausübungskurs errechnet werden.

Beispiel: 5,5% Griechenland 20.08.2014, Marktkurs: 77%, Emission zum 21.01.09

Bundesanleihe-Rendite am 21.01.09 = 2,40%, damit wird für den Ausübungspreis des Puts eine Emission-Rendite von 12,4% unterstellt. Am Ausübungstag wäre der Ausübungspreis damit 73,2% gewesen. Zu diesem Preis kann die Anleihe nun während der gesamten Laufzeit an den EFSF eingereicht werden. Um risikolose Arbitragegewinne zu verhindern, wären die Stückzinsen ebenfalls verloren. Die Risikoprämien wollen auch unterjährig verdient werden.

Monday, December 20, 2010

Reift eine Contrarian-Chance bei Bankaktien?

Finanzwerte stehen auch im Dezember noch nicht auf der Kaufliste der Investoren. So erreicht das Sentiment gegenüber den Bankwerten erneut einen Tiefstand. Gegen 11 von 18 Sektoren notieren wir extrem negative Werte im sentix Sektorsentiment, ein rekordverdächtiger Wert.


sentix Sektorsentiment Banken

Rein Sentiment-technisch ist damit der Boden für eine Gegenbewegung bereitet. Was jedoch noch fehlt, ist eine Stabilisierung im Preis. Denn erst vor wenigen Tagen ist ein Versuch des Sektors, seinen kurzfristigen technischen Abwärtstrend zu brechen, gescheitert. Die Bodenbildung hat damit noch nicht begonnen. Kurse oberhalb der 206,50er Marke werden benötigt, damit aus dem negativen Sentiment eine Chance wird.

Besser sieht es da schon bei den Versicherungswerten aus, die ebenfalls ein sehr negatives Sentiment aufweisen und gegen 9 von 18 Sektoren Extremwerte verzeichnen. Hier ist auch die technische Einschätzung besser, sprich: zumindest neutral zu werten. Doch der Favorit unter den Finanzwerten bleiben die Finanzdienstleister, die schon im November neue Jahreshochs markierten. Doch davon wollen die Investoren nichts wissen. Der Sektor wird Sentiment-technisch in „Sippenhaft“ genommen. Finanzwerte sind eben derzeit out. Für „Contrarians“, wie die Anleger genannt werden die gerne mal gegen den Strom schwimmen, ein Grund, sich näher mit dem Sektor zu beschäftigen.

Monday, December 13, 2010

Risikofreude und Gelassenheit

Es ist eine einzigartige Mischung, die uns das Anlegersentiment – gemessen an den sentix Styles Indizes – in diesen Tagen zeigt. Einerseits zeichnet sich dieses durch ein hohes Maß an Risikofreude aus. Die Anleger sind zunehmend in Aktien engagiert, sie bevorzugen die riskanteren Marktsegmente und verhalten sich dabei prozyklisch. Soweit sind die Daten im Einklang mit einem steigenden Markt und deuten auf eine Marktkonsolidierung.

Andererseits verlängern sich die Investitionshorizonte und die mittelfristigen Stimmungsdaten zeigen, trotz eines gewissen Rückgangs des Indikators in den letzten beiden Wochen, noch eine positive Bewertungsperspektive, wie sie eher an Markttiefs zu beobachten ist. Dies deutet auf eine Trendfortsetzung. Ein interessanter Gegensatz also, dessen Bedeutung sich wohl aber erst im neuen Jahr so richtig zeigen wird.

Für den DAX dürfte das Anlagejahr 2010 wohl aber so oder so aber gelaufen sein. Zum einen verliert unser heimischer Aktienmarkt mittelfristig stärker in der Gunst der Anleger als andere Märkte. Hier dürften kommende Gewinnmitnahmetendenzen früher zu beobachten sein. Zum anderen ist die kommende Vorweihnachtszeit statistisch betrachtet in den letzten zehn Jahren nicht sehr ergiebig gewesen. Im Mittel waren die Erträge leicht negativ. Besser sieht es für die Tage nach Weihnachten aus, wenn das neue Jahr ins Blickfeld rückt. Die ersten 10 Handelstage nach Weihnachten waren zu 80% in der letzten Dekade mit Kursgewinnen versehen.