Thursday, August 12, 2010

Irritierte Anleger

Der vorübergehende Anstieg des DAX auf ein neues Jahreshoch, zwar nicht auf Schlusskursbasis aber im-merhin im Tagesverlauf, löst bei den Anlegern zwiespältige Gefühle aus. Man könnte auch sagen: Dissonanz.

Denn zumindest die institutionellen Anleger haben diese Entwicklung nicht auf der Rechnung. Seit die Griechenland-Krise im Mai einem Höhepunkt zusteuerte, treibt die Profi-Anleger die Sorge vor einem Ende des aktuellen Konjunkturaufschwun-ges um.

Gemessen an den sentix-Konjunkturindizes knickten die Erwar-tungswerte im Mai spürbar ein. Vor allem für die Wirtschaft in den USA und in Japan verstärken sich seitdem die Konjunktursorgen.

Doch die Aktienmärkte scheint dies nicht so recht zu stören, konnten sich diese seit den Mai-Tiefs doch wieder erholen.

Die Folgen dieser dissonanten Kurs-bewegung kann man an einem sen-tix-Index besonders gut ablesen: dem sentix-Neutrality Index, welcher den Anteil an unentschlossenen bzw. neutral positionierten Anlegern misst. Dort verzeichnen wir einen der höchsten Werte, die sentix seit 2001 gemessen hat. Nur zwei Mal, im Frühjahr 2006 und zum Beginn der Finanzkrise, notierte dieser Index auf ähnlich hohen Werten.

Diese hohe Zahl an unentschlossenen Anlegern hat für die künftige Börsenentwicklung eine hohe Bedeu-tung. Denn ein unentschlossener Anleger zeichnet sich durch zwei Haupteigenschaften aus: erstens wird ein solcher Anleger nicht in starker Weise eine bullische oder bearische Positionierung eingehen. Die Anle-gergruppe stellt demnach ein Reser-voir für künftige Käufe oder Verkäufe dar. Und zweitens mögen die Inves-toren eine solche Hängepartie nicht sonderlich und begeben sich sogar aktiv auf die Suche nach neuen In-formationen, die Ihnen wieder eine klare Einstellung zu den Märkten er-laubt. Mit anderen Worten: die Anle-ger drängen auf eine Auflösung dieser Situation.

Man kann diese Ausgangslage auch statistisch untersuchen und erhält als Ergebnis, dass die künftige Markt-volatilität höher als zuletzt sein dürfte und eine stärkere Trendbewegung angelegt ist.

Verbindet man diese Erkenntnis mit der aktuellen technischen Einschät-zung, erhält der Kampf um die Jah-reshochs eine zusätzliche Bedeutung. Denn charttechnisch hat der DAX die Formation eines aufsteigenden Drei-ecks ausgebildet, welches auf der Oberseite bei 6.350 / 6.400 durch einen waagerechten Widerstand und auf der Unterseite durch eine stei-gende Unterstützung bei aktuell 5.850 Punkten begrenzt wird. Einer solchen Dreiecksformation liegt zum einen eine bullische Grundaussage zugrunde, denn lehrbuchgemäß soll-ten aufsteigende Dreiecke nach oben aufgelöst werden. Andererseits tragen Dreiecke immer auch die Botschaft steigender Volatilität, was sich mit der Sentimentanalyse deckt.

Dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist, kann auch an den Bör-senumsätzen abgelesen werden.

Sowohl beim DAX, wie auch beim S&P 500-Index, fand der jüngste Kursaufschwung bei fallenden Um-sätzen statt. Dies ist zugegebener-maßen auch ein saisonales Phäno-men. Doch der Break der unseres Erachtens nach zu erwarten ist, sollte auch durch eine entsprechende Be-lebung der Börsenumsätze unterstri-chen sein.

Ein Break des DAX zur Oberseite wäre demnach die Basiserwartung, die mit einem Kursziel von 6.800 Punkten lockt. Ein Scheitern dagegen wäre beim einem Bruch der 5.850 Indexpunkte zu konstatieren und hät-te, neben den unmittelbaren Implika-tionen fallender Preise, vor allem auch eine zeitliche Botschaft: das Jahreshoch 2010 wäre dann wohl zementiert.

Kommen wir noch einmal zurück zu den aktuellen Konjunkturaussichten, die sich für Deutschland – glaubt man den Medien – fast stündlich weiter euphorisch verbessern. Auch der jüngste sentix-Konjunkturindex be-kräftigt die aktuell gute Lage mit ei-nem der größten Aufwärtssprünge dieses Indikators seit 2002.

Dennoch besteht derzeit die Gefahr, dass wir einen Zenit in der Konjunktur durchlaufen. Darauf deutet zum einen die anhaltende Schwäche der US-Daten hin. Zum anderen signalisieren die Bondmärkte entsprechende Ge-fahren. Da wäre an erster Stelle die Verflachung der Zinsstrukturkurve zu nennen. Zwar könnte der Zinsabstand von 10- zu 2-jährigen Bonds auch bei guter Konjunktur zurückgehen, nämlich dann, wenn die gute Konjunktur die Notenbanken zu Zins-erhöhungen motivieren würde. Der-zeit sinkt der Zinsabstand aber durch fallende Renditen am langen Ende. Damit werden nicht nur alle Anleger, die sich aus Angst vor Inflation am kurzen Laufzeitenende positioniert haben, mit Underperformance „be-lohnt“. Auch für die Konjunkturbullen müsste diese Entwicklung ein stören-der Faktor sein. Der Rentenmarkt sendet jedenfalls diametrale Signale zum Aktienmarkt.

So oder so: charttechnisch steigt die Spannung am Aktienmarkt genauso wie die Irritation der Anleger über die Konjunktur zunimmt. Die sich schein-bar noch im Gleichgewicht befindli-che Waage dürfte sich in den nächs-ten Wochen zu einer Seite neigen, mit dem Ergebnis, dass sich viele Anleger neu positionieren müssen. Der Seitwärtsmarkt der letzten Wochen dürfte deshalb schon bald enden.

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