Die Behavioral Finance Forschung hat dabei herausgefunden, dass dabei die sogenannte Verfügbarkeitsheuristik uns "zu Diensten" ist. Diese besagt, dass das am schnellsten verfügbare, ähnliche Ereignis zuerst aus dem Erfahrungsspeicher abgerufen wird und unsere Einschätzung massgeblich prägt.
Ganz mehrheitlich ist das Erdbeben von Kobe (Japan, 1995) das am schnellsten memorierte Ereignis und bestimmt ganz wesentlich derzeit die Einschätzung der Anleger und der Ökonomen.
Dies hat eine handfeste Konsequenz für die Anlagestrategie: wir müssen uns bei der Abschätzung der künftigen Ereignisse nicht auf die Gemeinsamkeiten zu Kobe, sondern auf die Unterschiede konzenrtrieren! Denn die Gemeinsamkeiten sind in den aktuellen Handlungen und Einschätzungen der Anleger dominant und deshalb wahrscheinlich eingepreist.
Die Unterschiede zu Kobe sind zudem gewaltig:
- Japan ist derzeit wesentlich stärker im "Stillstand" als damals
- Die Ausgangslage in Fragen der Finanzierung (siehe Staatsschulden und Stabilität des Bankensystems) ist weitaus prekärer als 1995
- Die atomare Verseuchung erzeugt Unsicherheiten über das Ausmaß der Verseuchung, die tatsächlichen Kosten diese einzudämmen und über die künftige Bewertung japanischen Immobilienvermögens (ein großer deutscher Immofonds musste deshalb schon die Anteilsrücknahme einstellen!)
- Die Energieversorgung ist auf Sicht unklar und muss stärker auf Gas umgestellt werden (Wirkung auf Öl- und Gaspreise?)
- Mit China ist ein starker Wirtschaftsmotor vorhanden, stärker wahrscheinlich als die USA 1995
Das simple Vertrauen auf die memorierte Kobe-Erfahrung scheint kein guter Ratgeber zu sein. Die Gefahr, einer Behavioral Finance Anomalie zu erliegen, ist mal wieder gegeben!
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